Ende der Schriftformklausel

Der für das gewerb­li­che Miet­recht zustän­di­ge XII. Senat des BGH hat das Ende der Schrift­form­klau­sel eingeläutet.

1. Doppelte Schriftformklausel unwirksam

Vie­le gewerb­li­che For­mu­lar-Miet­ver­trä­ge ent­hal­ten eine soge­nann­te dop­pel­te Schrift­form­klau­sel. Die Par­tei­en ver­ein­ba­ren dar­in, daß

  1. sämt­li­che Ergän­zun­gen und Nach­trä­ge des Miet­ver­trags der Schrift­form unter­lie­gen und
  2. eine Auf­he­bung die­ser Schrift­form­klau­sel eben­falls der Schrift­form bedarf.

Damit konn­ten die Par­tei­en bis­lang sicher­stel­len, daß jeg­li­che ver­trag­li­che Rege­lung schrift­lich fest­ge­hal­ten wur­de. Das ist ins­be­son­de­re dann von Bedeu­tung, wenn Mie­ter oder Ver­mie­ter wäh­rend der Ver­trags­lauf­zeit wech­seln oder ver­ster­ben. Aber auch bei Ver­trä­gen mit sehr lan­ger Lauf­zeit wur­de dadurch sicher­ge­stellt, daß kei­ne Ver­ein­ba­rung in Ver­ges­sen­heit gera­ten konnte.

Der BGH hat nun mit Beschluß vom 25.1.2017 —  XII ZR 69/16 fest­ge­stellt, daß eine sol­che for­mu­lar­mä­ßi­ge dop­pel­te Schrift­form­klau­sel gegen § 305 b BGB ver­stößt und damit unwirk­sam ist. Grund dafür ist, daß bei einem Par­tei­en­wech­sel der neue Ver­trags­part­ner allein durch Ein­sicht in den Miet­ver­trag wis­sen muß, was zuvor ver­ein­bart wor­den ist. Er kann schließ­lich nicht wis­sen, wel­che sons­ti­gen Ver­ein­ba­run­gen noch bestehen. Eine indi­vi­du­ell getrof­fe­ne Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en nach Ver­trags­schluß hat zwar immer Vor­rang und zwar auch dann, wenn die Par­tei­en sie

  • nur münd­lich ver­ein­ba­ren oder
  • nur durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten ändern und sich ein­ver­nehm­lich ein­fach nicht mehr an bestimm­te Rege­lun­gen des Ver­trags halten.

Im Zwei­fel ist es aber für die Par­tei, die aus solch einer nicht schrift­lich fest­ge­hal­te­nen Ver­ein­ba­rung Rech­te her­lei­ten will, sehr schwer zu bewei­sen, was mit wem wann münd­lich ver­ein­bart wor­den sein soll. Beweis­pro­ble­me bei Vier-Augen-Gesprä­chen sind vor­pro­gram­miert. Es ist daher drin­gend anzu­ra­ten, auch wei­ter­hin jeg­li­che Ände­rung eines lau­fen­den Ver­tra­ges schrift­lich zu fixieren.

2. Schriftformheilungsklausel unwirksam

In vie­len Ver­trä­gen ist stan­dard­mä­ßig ver­ein­bart, daß jede Par­tei ver­pflich­tet sei, auch nach­träg­lich die erfor­der­li­chen schrift­li­chen Erklä­run­gen abzu­ge­ben, falls die Schrift­form nicht gewahrt sei. Der BGH hat mit Urteil vom 27.9.2017 — XII ZR 114/16 und Urteil vom 11.4.2018 — XII ZR 43/17 sol­che Schrift­form­hei­lungs­klau­seln eben­falls für unwirk­sam erklärt. Grund dafür ist, daß der Ver­stoß gegen gesetz­li­che Schrift­form­erfor­der­nis­se sonst fol­gen­los blie­be. Im Miet­recht ist z.B. in § 550 BGB vor­ge­se­hen, daß Miet­ver­trä­ge mit einer fes­ten Lauf­zeit von über einem Jahr schrift­lich geschlos­sen wer­den müssen.

3. Folgen der Unwirksamkeit

Ist die Schrift­form nicht ein­ge­hal­ten, gilt kei­ne fes­te Lauf­zeit und das Miet­ver­hält­nis läuft auf unbe­stimm­te Zeit. Der Ver­mie­ter kann dann jeder­zeit ordent­lich kündigen.

Auf Ver­ein­ba­run­gen zur Miet­erhö­hung im Wege der Staf­fel­mie­te oder der Index­mie­te kann sich der Mie­ter damit auch nicht mehr ver­las­sen. Wenn dem Ver­mie­ter die Mie­te mit der Zeit zu gering erscheint, wird er kün­di­gen und dem Mie­ter gege­be­nen­falls ein neu­es höhe­res Ange­bot machen.

Das Schrift­form­erfor­der­nis des § 550 BGB ist nicht abding­bar und kann daher durch nach­träg­li­che Erklä­run­gen nicht mehr erfüllt wer­den. Der gesetz­lich bestimm­ten Schrift­form ist damit erhöh­tes Augen­merk zu wid­men. Ein Ver­stoß kann schwer­wie­gen­de Fol­gen haben.